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Kanzlerin Merkel muss sich beim Euro entscheiden

Meinung|

Währungsunion

(43) Drucken Bewerten   Autor: Jan Dams| 06.12.2010

Die Euro-Sorgenkinder

Wolfgang Schäuble ist kein Mann, der mit seinen Reden große Säle mitreißen kann. Dafür ist er meist nicht emotional genug. Trotzdem aber ist der Bundesfinanzminister ein Meister der geschliffenen Rede, schon weil er es versteht, seine wahre Botschaft hinter ellenlangen Sätzen mit einer Unzahl an Kommata zu verstecken. Deshalb ist es in Interviews auch nur selten möglich, den Minister so festzunageln, dass ein Ja bei ihm ein Ja und ein Nein auch ein Nein ist.

Bundestag Merkel Schäuble Foto: dpa/DPA Während Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble klare Ansagen macht, ziert sich Bundeskanzlerin Angela Merkel
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Entsprechend vorsichtig muss man bei der Exegese von Schäuble-Äußerungen sein. Das gilt auch für jenes Interview, dass er der „Financial Times“ gab. Schäuble sagt dort im Zusammenhang mit der Eurokrise nicht nur, dass nationale Souveränität allein nicht das Instrument des 21. Jahrhunderts sei. Er macht auch klar, dass er sich vorstellen könne, den Bundestag davon zu überzeugen, Budgetrechte an die EU abzutreten – vorausgesetzt, man habe einige Monate Zeit, daran zu arbeiten und die EU-Partner würden mitziehen.

Sicher, in dieser Aussage sind zwei Wenn versteckt. Deshalb lädt auch sie zum Spekulieren ein. Für Schäubles Verhältnis sind die Sätze trotzdem relativ deutlich. Schließlich diskutiert der Minister damit Maßnahmen, die die Regierung im Streit um die Lösung der Eurokrise bislang nicht erwogen hat.

Daraus lassen sich zwei Dinge ableiten. Erstens hat sich mit Schäuble endlich ein Spitzenpolitiker über den Zustand der Eurozone Gedanken gemacht, die weit über die Kurzatmigkeit bisheriger Krisentreffen hinausgehen.

Zweitens hat er erkannt, dass es für die Partner im Währungsraum nur zwei Alternativen gibt. Entweder stirbt der Euro, weil der schwache institutionelle Rahmen die Unterschiede in der Währungszone nicht mehr klammern kann. Oder die Mitgliedsländer verzichten auf das Recht einer eigenständigen Finanzpolitik. Dazu gehört auch die unangenehme Wahrheit, dass die Starken die Schwachen für eine lange Zeit finanziell stützen müssen. Welchen Weg Schäuble bevorzugt, lässt sich nach dem Interview erahnen. Jetzt wäre es an der Kanzlerin, endlich ihre Präferenzen offen zu legen.

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